Flussregenpfeifer 2016

Bericht zur Flussregenpfeifersaison 2016
an der Thur Altikon ZH / Neunforn TG

Jede neue Saison bringt neue Brutbedingungen - die Dynamik der Veränderungen an unserem Flussabschnitt im Gebiet Schäffäuli ist nach wie vor umwerfend!

Ein Hochwasser im November und eines Ende Januar hatten das Flussbett schon wieder verändert. Die Fuchsbrückekiesbank war noch weiter abwärts gewandert, die Rückläufe des grossen Flussmäanders mit seinen Stillwasserzonen und Uferabrissen noch ausgedehnter – erste Priorität für uns war es deshalb, diese wertvollen Pionierflächen im Auenschutzgebiet von nationaler Bedeutung während der ganzen Brutzeit vor jeglichen Störungen zu schützen.


Dieses Jahr wollten wir ein „Klein-Rimini“ auf diesen Flächen mit allen Kräften verhindern und die im Auenschutzgebiet geltenden Gebote durchsetzen.

 


Abgesperrte Bereiche Rücklauf TG und ZH Kiesbank 28. April 2016 Fotos Fide Meyer

Dafür suchten wir auch Mitstreiter. Möglichst viele Leute wollten wir schon vor der Brutsaison „ins Boot holen“ und für die Biodiversität in diesem vielfältigen Lebensraum sensibilisieren.

Ende Februar führten wir Xavi Jutz und Mathias Villiger (Birdlife Zürich) durch „unser“ Gebiet - zu den Hotspots der ZH/TG - Vogelwelt.
An unserer Birdlife-Regionalgruppensitzung im März hielten wir einen Kurzvortrag für unsere Kollegen aus den Nachbarvereinen, die wir anfangs April zu einer ersten Exkursion vor Ort einluden. Vier weitere Exkursionen führten wir im Abstand von rund 14 Tagen bis Mitte Juni durch - im Mai im Rahmen des „Festivals der Natur“, die anderen Male für Nachbarvereine mit anschliessendem Ausklang im Obstgarten Feldi.


Da Kleider Leute machen, kreierte uns Silvio ein Flussregenpfeifergilet, ohne das wir nicht mehr aus dem Haus gingen - interessant war, dass wir durch diese Teiluniform plötzlich zu glaubwürdigen Ansprech- und Auskunftspersonen wurden …

Historisches zu den Thurkorrektionen, zu Hochwasser und Flussdynamik, zu den Pionierarten der Kiesbänke, der Stillwasser und des Auenwaldes (sowohl Tiere als auch Pflanzen), die artenreiche Vogelwelt … die Themen sind hier unerschöpflich.
Viele Teilnehmer konnten wir begeistern, die einen waren mehrmals dabei - moralisch fühlten wir uns jedenfalls unterstützt!

Und wir zeigten durch diese Exkursionen eine ganz offensichtliche Präsenz als Aufsichtspersonen im Gebiet.

 

 

Die Saison hatte gut angefangen: bereits am 3. Mai waren die ersten vier Jungen geschlüpft – das Pfingsthochwasser vom 13. Mai (540m3) schwemmte aber die noch nicht flüggen Pullis weg, ebenso 2 weitere, noch bebrütete Gelege. Ein viertes, noch balzendes Paar verlor „nur“ sein Revier.
Das schlechte, oft kühle Wetter bis Mitte Juni und auch die Fussball-EM kam uns punkto Besucherlenkung sehr entgegen. Die Kehrseite : das viele Wasser, seit 150 Jahren nicht mehr so viel, verhalf uns leider wieder zu einer Nullrunde punkto Flussregenpfeifernachwuchs. Die Zeit zwischen den neuen Hochwassern (9. Juni 300m3, 17. Juni 615m3) und dem 5. August (506m3) reichte nie und nimmer für eine erfolgreiche Brut.

 

Auch alle vier Eisvogelbrutröhren wurden jedes mal überflutet und brachen ein.
Ein Eisvogelmännchen sah ich vor seiner halb mit Wasser gefüllten Röhre sitzen.





Vogelfotos Silvio Bartholdi

Pfingsthochwasser 13.Mai oben, 17. Juni unten(fm)

Das Pfingsthochwasser hatte die grössten Veränderungen gebracht. Die Fuchsbrückekiesbank, wo vorher zwei Paare gebrütet hatten, war ganz einfach verschwunden. Der Platz für die vier Flussregenpfeiferpaare war jetzt plötzlich knapp, da die flussabwärts neu entstandenen ZH Kiesflächen sehr flach und schon bei ganz geringem Wasseranstieg gefährdet waren - die Kiesbank in der Mitte des Rücklaufes deshalb die beste Alternative!

Am TG Ufer hatten wir schon zur Beginn der Saison ein durchgehendes Weidezaunband entlang der Abrisskante gezogen – es schützte ganz direkt auch die darunter liegenden Eisvogelbrutröhren vor kletternden Störefrieden.
Die gesperrte Kiesinsel konnten wir dieses Jahr sogar mit der Webcam der EAWAG von zu Hause aus im Auge behalten: fast alle Pfosten auf der Insel waren sichtbar, ebenso der aktuelle Besucherandrang durch Bötler oder die Wasserfarbe. Braunes Wasser <–> keine Bötler.

So konnten wir auch nach jedem Hochwasser besser abschätzen, wann wir wieder gefahrlos via Flussüberquerung von ZH aus die Absperrungen im TG erneuern konnten – der Zutritt auf die Insel war selbstverständlich auch für uns tabu. Das Material dafür transportierten wir jeweils per Velo zum Fluss.

 
Nach dem Junihochwasser gab es nur noch eine letzte Chance für eine erfolgreiche Flussibrut. Eine Woche dauert es mindestens, bis wieder ein vollständiges Gelege da ist, dann 3 ½ Wochen ungestörtes Brüten - und nochmals so lange bis zum Flügge werden… Diese letzte Chance sollten die Vögel auf jeden Fall haben - das brauchte aber jetzt erhöhte Präsenz! Denn die Temperaturen stiegen auf über 30°C - das heisst: Besucheransturm an den Wochenenden. Konkret hiess das für uns vor allem im Juli, möglichst um 11:00h „uniformiert“ im Fluss stehen, da um diese Zeit die ersten Bötler ihren Mittagsrastplatz suchen.

Unter der Woche ist das Besucheraufkommen - auch in den Sommerferien - gering. Freitag- und Samstagabend braucht es aber die ganze Saison über Kontrollgänge. Konsequent wiesen wir schon anfangs Saison alle, die auf der Insel landetet weg, denn wenn eine Feuerstelle aufgebaut ist, folgt sofort die nächste.

Fazit der Saison

Trotz allem Aufwand zwar auch 2016 kein Bruterfolg der Flussis - aber wenigstens „nur“ wetterbedingt …
Mit hoher Präsenz von Aufsichtspersonen lässt sich das Schutzgebiet „Schäffäuli“, in Kombination mit Absperrungen, frei von Störungen halten!

Die flache ZH Kiesbank und die alte, jetzt für Flussis ungeeignete TG Kiesbank war ab Ende Juni Badeplatz für alle: dafür war das Rücklaufbecken leer.

Die Bötler liessen die zum Auenschutzgebiet gehörende Kiesinsel „rechts“ liegen.

Ende Saison ist anfangs Saison

Langfristig gesehen braucht es ein Besucherlenkungskonzept, dass ohne Freiwillige funktioniert - über die Kantonsgrenze hinaus, mit offiziell zuständigen Rangern.

Allseitige Ideen zur Lösung dieses Problems sind gesucht und willkommen – dieser Lebensraum mit seiner vielfach dokumentierten, extrem hohen Biodiversität hat unschätzbaren Wert für uns alle.

Fide Meyer / Silvio Bartholdi, NVV Altikon



Nachtrag

Die noch fehlenden Infotafeln der Fachstelle Naturschutz auf dem ZH Damm sind im Endspurt.
Das provisorische alternierende Mähregime 2015/2016 auf ZH-Seite zw. Altikerbrücke und Asperhof wird ab 2017 erweitert um den Abschnitt Feldisteg -> Altikerbrücke.
Urs Spychiger und seinen Mitarbeitern vielen Dank zum Voraus für die Umsetzung – die vielen Regenfälle und Hochwasser dieses Jahr, mit wiederholten Sandablagerungen im Vorland, hatten ihnen das Leben schwer gemacht und ein normales Heuen verunmöglicht, ein rel. grosser Teil dieses Schnittguts musste entsorgt werden.

Der Bericht kann als pdf heruntergeladen werden.


Ausführliche Informationen sind in unserem Bericht "Aufwertungs- und Pflegemassnahmen Thur" zuhanden von Gemeinden, Kantone und betroffenen Ämtern nachzulesen (10MB).