Schlosspost-Bericht Eisvögel an der Thur NVA 2020

Naturperlen vor der Haustüre –  Eisvögel an der Thur  bei Altikon/Neunforn

Ein scharfer kurzer Pfiff „thit“ – und schon flitzt ein blauglänzend schillernder Pfeil vorbei. Ein kleiner Moment, aber jedes Mal ein ganz besonderes Erlebnis.

Eisvogel an der Thur@Silvio Bartholdi

Gut getarnter Eisvogel@Silvio Bartholdi

Bruthöhle mit Eisvogelpaar@Silvio Bartholdi

Eisvogelweibchen@Silvio Bartholdi

Eisvogel-Ansitzwarte@Silvio Bartholdi

Eisvogel Weibchen@Silvio Bartholdi

Eisvogel Männchen auf Ansitzwarte@Silvio Bartholdi

Absperrungen Thur@Fide Meyer

Trotz seines farbenprächtigen Gefieders - einem türkisfarbenem Rückenstreifen im leuchtendblauen Oberkleid und einer orangeroten Unterseite - ist der Eisvogel in einem von Licht und Schatten bewegten Weidengebüsch über dem Wasser fast unsichtbar, seine Konturen lösen sich auf.
Meist jagt er von Ansitzwarten aus. Von Ästen, Pfählen, Wurzeln oder Steinen startet er seine Tauchstösse nach seiner Hauptnahrung, ca. 5-10cm langen Fischen. Mit Glück kann man ihn aber auch rüttelnd über stillem Wasser stehen sehen, bevor er sich ins Wasser stürzt.
Die renaturierte Thur mit ihren steilen Uferabrisskanten und vielen Sitzwarten ist für ihn ein idealer Lebensraum. Nur 400-500 Brutpaare brüten in der Schweiz, letztes Jahr rekordverdächtige 16 Paare erfolgreich zwischen Feldisteg und Thurmündung (Bericht Mathias Griesser, Naturschutzverein Andelfingen)  

3 Paare brüteten im grossen Flussmäander und Auenwald Schäffäuli bei Altikon/Neunforn, dazu eines - stark hochwassergefährdet - auf halber Höhe des Gillwaldes.

Eisvogelpaare bauen Ende März / anfangs April gemeinsam für ihre Brut eine ca. 50- 70cm lange leicht ansteigende Brutröhre mit hochovalem Querschnitt mit einem Brutraum am Ende, die ca. 8cm hoch und knapp 20cm breit ist. Die Fertigstellung dauert etwa eine Woche. Manchmal bricht die Röhre aber in zu sandiger Wand schon beim Bauen ein, dann muss an anderer Stelle neu begonnen werden.

Während der ganzen Bauzeit finden immer wieder Balzfütterungen statt: das Männchen bringt seinem Weibchen kleine Fische als „Brautgeschenk“ und beweist so gleichzeitig seine Fähigkeit als künftiger Ernährer der Eisvogelfamilie.

Nach Brutbeginn sind die Vögel sehr heimlich. Das Weibchen legt 5-7 Eier. Die Brutdauer beträgt rund 3 Wochen und nach durchschnittlich 25 Tagen fliegen die Jungen aus. Erkennbar für uns sind sie an ihren schwarzen Füssen, die bei beiden Altvögeln zur Brutzeit  immer leuchtend orangerot sind.

Nach 2-3 Tagen sind die Jungvögel schon auf sich alleine gestellt – „fang Fisch oder stirb“. Die Eltern jagen sie aus dem Revier, da sie meist sofort wieder mit einer neuen Brut beginnen, 2-3 Jahresbruten sind die Regel.

Oft hat das Weibchen sogar schon mit der Eiablage in einer neuen Röhre begonnen, bevor die Jungmannschaft ausgeflogen ist. Der „Vatervogel“ übernimmt dann den letzten Teil der Aufzucht und schleppt Fisch um Fisch für die hungrigen Schnäbel ganz alleine an.

Gleich wie bei Spechten sind Männchen und Weibchen nie zusammen in der Bruthöhle. Die Brutablösung und später die Fütterung werden angekündigt. Der ankommende Vogel ruft beim Anflug zur Steilwand sein „thit thiet“, worauf der andere die Höhle verlässt.
Tipp für Beobachter: bei Pfiff Schlafmodus beenden, Feldstecher hoch.

Eisvögel schlucken ihre Jagdbeute wegen der Bauch- und Rückenflossen immer Kopf voran. Ein fütternder Eisvogel trägt seine Futterfische deshalb ebenso Kopf voran in den Brutkessel hinein..

Hat das Junge seinen Fisch ganz geschluckt, dreht es sich kurz um, spritzt seinen Kot im Strahl Richtung Brutröhre, bevor er im sogenannten Fütterungskarrussell eine Stelle nach hinten rückt, um dem nächsten Jungen an erster Stelle Platz zu machen. Zusammen mit Fischresten ergibt das mit zunehmender Brutdauer eine unappetitliche Kloake, welche die Elternvögel bei jedem Anflug passieren müssen. Kein Wunder wird nach jeder Fütterung gebadet. Man sieht meist kurze wiederholte „Badestürze“ von einem niederen Ansitz aus.  

Die Gefiederpflege ist lebenswichtig. Das Gefieder muss ständig gut gefettet sein, damit das Wasser nach den Tauchstössen abperlt und die Federn nicht durchnässt werden. Im Winter ist dies doppelt wichtig, da nasses Gefieder sogar gefrieren kann.

Entgegen seinem Namen kann es auch deshalb, neben Nahrungsmangel, im Winter bei Kälteeinbrüchen zu grossen Bestandesverlusten kommen. Ebenso nach wiederholten Sommerhochwassern: die Bruten gehen durch direkten Wassereinbruch in die Röhre verloren oder nachher durch Abbruch der ganzen Brutwand beim Abtrocknen nach der Nässephase.

Schutz vor Fressfeinden bieten steile überhängende Wände am Wasser. Ein letztes Jahr beobachtetes Hermelin, das in den Steilwänden von Wurzel zu Wurzel turnte, liess aber erahnen, dass auch hier die Eisvogelbrut oft nicht so sicher ist, wie gedacht. Ungünstig gelegene Höhlen können auch von Fuchs oder Dachs ausgegraben werden.

Der Eisvogel ist sehr störungsanfällig an seiner Brutwand, die Fluchtdistanz beträgt mindestens 50m!Hält man sich zu nahe an der Brutwand auf (als Badegast, Angler, Campierer) getraut sich der Vogel nicht, seine Brutröhre anzufliegen. Weil er aber trotzdem alle paar Minuten aufgeregt rufend mit Fisch im Schnabel vorbei saust, im letzten Moment aber abschwenkt, interpretieren wir Menschen das Geschehen gerne in unserem Sinn. Wir erzählen allen begeistert vom „zutraulichen“ Vogel… und lassen seine Stresssituation ganz ausser Acht.

Wenn die Nestlinge noch klein sind, kann eine Störung von 1-2 Stunden genügen, um eine Brut in der kalten Höhle zu vernichten. Die Jungen müssen anfangs rund um die Uhr gehudert, dh. im Gefieder gewärmt und regelmässig gefüttert werden. Sonst kühlen sie aus und werden zu schwach, um das Fischfutter entgegen nehmen zu können.

Helft deshalb alle mit, die Brutplätze der Eisvögel vor Störungen zu schützen. Die Absperrungen für die Flussregenpfeifer gewähren auch dem Eisvogel den ungestörten Platz, den er für seine Kinderstube braucht.

Fide Meyer, Natur- und Vogelschutzverein Altikon